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Jesus ist der Messias

Riesner selbst war bis 2013 Professor für Neues Testament am Institut für evangelische Theologie der TU Dortmund. Neben der Leitung eines Doktoranden- und Habilitanden-Kolloquiums lehrt er am Albrecht-Bengel-Haus in Tübingen. Als Mann vom Fach nimmt er in „Messias Jesus - Seine Geschichte, seine Botschaft und ihre Überlieferung“ den Leser mit in die aktuelle Jesus-Forschung hinein, um aufzuzeigen, dass es „historisch möglich ist, zu wissen, wer Jesus war und was er wollte“ (S. 478).

 

Riesner verfolgt bei der Darbietung der Forschungsergebnisse den religionsgeschichtlichen Ansatz, dass die „prophetische Hoffnung des Volkes Israel […] ein entscheidender Schlüssel zum Verstehen von Jesus [ist], [da] er diese Erwartung in seiner Verkündigung und in seinem Handeln aufgenommen hat“ (vgl. XVI). Neben einer Vielzahl an Aussprüchen Jesu werden Ergebnisse der Archäologie und Geografie, die für das Verständnis des Auftretens Jesu bedeutsam sind, in die Ausführungen mit aufgenommen und stärker berücksichtigt, als dies in neuerer Zeit schon geschieht. Hinzukommt, dass Riesner Forschungsergebnisse moderner evangelikaler Forscher, katholischer Exegeten und älterer deutscher Ausleger in seinem Werk integriert. So wird der Leser anhand von übersichtlichen, kompakten und strukturierten Kapiteln mit in die Geschichte und Botschaft Jesu hineingenommen. Es werden dabei nicht nur Theologen angesprochen, sondern auch interessierte Nichttheologen, „die sich nicht mit sensationalistischen oder wenig begründeten populären Darstellungen zufriedengeben wollen“ (XV).

 

Nachdem die jüdische Hoffnung auf den „Gesalbten“ anhand der Prophetie sowie außerbiblischen Erzeugnissen aufgezeigt wurde, beleuchtet Riesner in den weiteren 13 Kapiteln Schlaglichter aus dem Lebensweg Jesu. Dabei heben die Ausführungen die Bedeutung der Messianität Jesu im Kontext seines Lebens hervor. So werden zunächst die Herkunft, Berufung und Anfänge näher betrachtet. Daran schließen sich Kapitel zur Gottesherrschaft sowie Gottesfamilie und Gotteswille an. Im Kapitel über den Schülerkreis Jesu erfährt der Leser, dass es nicht ungewöhnlich war, dass Jesus einen Kreis von Jüngern hatte. Aber, „der Ausspruch „Jesus nachfolgen“ kommt ausschließlich in den vier Evangelien vor und bedeutet dort an vielen Stellen etwas sehr Spezifisches“ (vgl. S. 211). Daran schließen sich vier weitere Stationen an, die durch das Auftreten des Messias verbunden sind, bevor Riesner sich dem Wirken Jesu in Jerusalem ausführlich widmet. Die letzten vier Kapiteln blicken auf die Ereignisse in Jerusalem sowie die Prozessverläufe und die Tatsache der Auferstehung. Gerade das Auferstehungskapitel greift die bekannten Debatten um die Infragestellung auf. Wertvoll und bereichernd ist, dass Riesner immer wieder den ehemaligen Papst Benedikt zu Wort kommen lässt. „Nur wenn Jesus auferstanden ist, ist wirklich Neues geschehen, dass die Welt und die Situation des Menschen verändert […] Die Auferstehung Jesu führt über die Geschichte hinaus, aber sie hat eine Fußspur in der Geschichte hinterlassen“ (S. 398 u. 400). In den beiden abschließenden Kapiteln thematisiert Riesner die Überlieferung und Erforschung der vier Evangelien.

 

Das Anliegen, Vertrauen in Gottes Wort zu erlangen, ist dem Verfasser in jedem Kapitel abzuspüren, da er die Glaubwürdigkeit der vier Evangelien als verlässliche Quelle aufzeigt. Insgesamt vermeidet es der Autor die eigene Originalität in den Vordergrund zu stellen, obwohl er nicht verheimlicht, dass er glaubender Christ und evangelischer Theologe ist. Vordergründig geht es ihm aber darum, „möglichst eng den Quellen zu folgen und die besten Erträge der historischen und exegetischen Forschung einzubringen“ (S. 481).

 

Beim Lesen jedes einzelnen Kapitels wird deutlich, welch intensive Forschungsbegeisterung, aber auch persönliche Glaubensfaszination die Person Jesu für Riesner besitzt. Dem Leser kommt dies zugute, da immer wieder über die reine wissenschaftliche Darstellung hinausgegangen und der christliche Glaube miteinbezogen wird. So werden die Ausführungen zur Gottesherrschaft den Horizont des Lesers – egal welcher Denomination oder Konfession er sich zugehörig fühlt – für AHA-Effekte sorgen. „Hinter den verschiedenen Übersetzungen steht die Frage, ob der Begriff basileia tou theou eher statisch zu verstehen ist und vor allem einen Raum/Bereich meint, dann eher „Reich Gottes“, oder dynamisch als ein Geschehen aufgefasst werden sollte, dann eher „Herrschaft Gottes“ (S. 140).  

 

Die zweite Auflage wurde nicht nur durchgesehen, sondern es sind auch eine Reihe von Ergänzungen im bisherigen Text sowie fünf neue Exkurse und sieben weitere Anhänge hinzugefügt worden. Der Autor hat sich dazu entschlossen, da es sich um einen historischen Beitrag handelt, Inhalte nicht zu aktualisieren. "Ob die vorgelegte Darstellung eines glaubenden Christen und historisch arbeitenden Exegeten im Wesentlichen überzeugen kann und wie weit Jesus von Nazareth für heute relevant ist, das müssen Leser und Leserinnen selbst beurteilen." 

 

Insgesamt gelingt es Rainer Riesner die Frucht der wissenschaftlichen Freude in die Wurzel des Glaubens einzuarbeiten, weil er auf dem Hintergrund der Messias-Hoffnungen aufzeigt, dass die Evangelien nicht bloße „Erinnerungssplitter“ enthalten, sondern zuverlässige und gesicherte Informationen vorweisen. Das Werk ist von größter Bedeutsamkeit, da es einen Gegenpol zur aktuellen Debatte in der Theologie bildet. Aufgrund seiner guten Lesbarkeit und seines hohen inhaltlichen Gehaltes ist es nicht nur für Theologiestudenten, sondern vor allem auch Personen in kirchlicher oder gemeindlicher Funktion (Predigtdienst, Gemeindeleitung, usw.) zu empfehlen. Ebenso bietet das Werk Interessierten eine wahre Fundgrube an Perlen, die die Jesus-Forschung in den letzten Jahren hervorgebracht hat. 


Das Buch:

  • Riesner, R. (2023): Messias Jesus. Seine Geschichte, seine Botschaft und ihre Überlieferung, Brunnen Verlag², ISBN: 978-3-7655-9410-6; 560 Seiten, Preis: 58 €.

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