Vier Führungsprinzipien

„Als Christ soll ich lieben und vergeben – wie passt dies zu meiner Führungsaufgabe?“ Solche und andere Fragen ergeben sich, wenn man selbst in einer Umgebung aktiv ist, die Führungskraft benötigt. Volker Kessler, Leiter der Akademie für christliche Führungskräfte, legt mit „Vier Führungsprinzipien der Bibel“ ein Buch vor, dass für diejenigen geschrieben ist, die als geborene Führungskraft auf die Welt kamen und solche, die - wie Forrest Gump - einfach in die Situation hineingekommen sind oder solche, die selbst keine Führungskraft sind, aber in einer Umgebung arbeiten, die Führung benötigt.

Kessler Grundlage einer biblischen Führungskultur kennzeichnet sich dadurch, dass sie „vom Geist Christi geprägt ist“ und sich am Doppelgebot der Liebe orientiert. „Wenn das Doppelgebot der Liebe das wichtigste Gebot für alle Menschen ist, so gilt dies natürlich auch für christliche Führungskräfte – und für sie vielleicht ganz besonders, weil Führungskräfte immer auch Vorbildfunktion haben“ (S. 7). Da Gottesliebe und Nächstenliebe sowohl eine horizontale als auch vertikale Dimension besitzen, hat der Autor sich für vier wesentliche Facetten (Dienst, Macht, Verantwortung und Vergebung) entschieden, die ebenfalls eine auf Gott und eine auf den Menschen ausgerichtete Dimension aufweisen. Nach dieser Einführung blickt Kessler auf die einzelnen Bereiche.

Zu Beginn betont er, dass das Leitbild für christliche Führung der Dienst ist. So stellt Jesus die traditionelle Herrschaftspyramide mit Markus 10,42-45 auf den Kopf. Anschließend bespricht Kessler Missverständnisse über dienende Führung, stellt mit Servant Leadership Führung durch Dienst vor und blickt danach auf weitere Facetten des dienenden Führens, bevor er ein Resümee zieht. „Ein Leiter, der in erster Linie Diener ist, ist das Gegenteil von jemandem, der in erster Linie leiten will“ (S. 22).

Nun blickt er auf die zweite horizontale Facette: Macht. Dabei beleuchtet er den Begriff, zeigt die biblisch-theologische Sicht auf und geht auf Machtbasen und ethische Leitlinien ein. Hervorzuheben ist das Kapitel der interkulturellen Sicht auf Macht, da heutzutage die Globalisierung eine Vielfalt an Mitmenschen bietet. „Führung kann nur gelingen, wenn die Führungskraft den jeweiligen kulturellen Parameter Machtdistanz berücksichtigt“ (S.49).

Jetzt wendet sich Kessler den vertikalen Facetten zu. In diesem Bereich möchte der Autor dazu sensibilisieren, „dass es aus biblischer Sicht keine Macht ohne Verantwortung gibt“ (S. 55). Wer führt, der hat sich einmal vor Gott zu verantworten. Daraus ergibt sich das Bewusstsein für Verantwortung. „Wer das Wesen der Verantwortlichkeit verstanden hat, der hat das Wesen des Menschen verstanden“ (S. 60). Danach geht Kessler der Frage nach, wofür man verantwortlich ist, bevor er ein Fazit formuliert.

Die letzte Facette – Vergebung – ist ein wesentlicher Unterschied zwischen einer ethischen und einer speziell christlichen Führungskraft. „Nicht die Moral macht aus einer Führungskraft eine christliche Führungskraft, sondern die Christusbeziehung“ (S. 67). In den weiteren Ausführungen betont er die Wichtigkeit der Vergebung und geht auf die Frage der Häufigkeit ein. Zum Nachdenken in diesem Kontext regen die Ausführung zur Regel der Benediktiner an. „Jede christliche Führungskraft muss überlegen, welche Zahl in welchem Kontext bei welchen Verfehlungen sinnvoll ist“ (S. 76).

Im Abschlusskapitel macht Kessler Mut zum Führen.

Die Kapitel sind sehr übersichtlich und kurz gehalten. Das ist lobenswert, denn so erhält der Fragende, der sich eventuell recht kurzfristig vor der Führungsherausforderung sieht, schnell und konkret Impulse. Der Sprachstil des Autors ist gut verständlich. Zahlreiche Zitate ergänzen die Ausführungen und erweitern den eigenen Horizont.

Insgesamt legt Kessler ein Buch vor in dem es mehr um die innere Einstellung und den Charakter der Führungskraft geht als um konkrete Handlungsanweisungen. Dadurch zeigt er dem Leser ein Panorama auf, in dem die vier Facetten miteinander in Beziehung gesetzt werden. Für jede Führungskraft, egal ob im betrieblichen oder pädagogischen Bereich, sind Kesslers Ausführungen eine Hilfe, um sich selbst und seinen eigenen Führungsstil zu reflektieren. Daher kann zum Kauf geraten werden.