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Gott

Welche Auswirkungen das Reich Gottes für das Hier und Heute des Christen hat, beschreibt Dallas Willard in seinem Buch „Gott“.

 

Wer ist der Autor?

Dallas Willard (1935‒2013) war ein US-amerikanischer Philosoph, geistlicher Schriftsteller und evangelikaler Vordenker. Neben verschiedenen Lehraufträgen war Willard 48 Jahre lang Professor für Philosophie an der «University of Southern California» in Los Angeles. Er galt als wichtiger Erneuerer des evangelikalen Denkens in den USA. Seine geistlichen Bücher gelten als prägend für eine Reihe anderer Autoren, darunter John Ortberg, Henri Nouwen, Richard J. Foster, Gordon MacDonald und Brennan Manning. Willard selbst wurde maßgeblich durch das Studium u. a. von Augustinus von Hippo, Johannes Calvin, John Wesley und Bruder Lorenz geprägt. Daher nehmen in seinem Werk Themen wie «Gottes Gegenwart erleben», «Stille», «Jesus Christus nachfolgen», «Reich Gottes suchen» und «Ewigkeit» viel Raum ein.[1] Er vertritt eine „Reich-Gottes-Lehre“, die er mit folgenden Worten beschreibt: „Die Ewigkeit ist jetzt im Anflug und wir mit ihr.“ Zudem hält er daran fest, dass die Bibel Gottes Wort ist und stellt sich liberal-theologischem Denken kritisch gegenüber auf.

 

Worum geht es in dem Buch?

„Gott“ ist das dritte Buch einer Serie, die das spirituelle Leben derjenigen ansprechen möchte, die zu der Überzeugung gelangt sind, dass Jesus der Eine ist. Und so stellt er das Jünger-Jesu-Sein als das eigentliche Herz des Evangeliums dar.

 

Willard geht es v.a. darum, dass Jesus Menschen in die Meisterausbildung des Lebens aufnimmt. „Das ewige Leben, das mit dem Vertrauen auf Jesus beginnt, ist ein Leben in seinem gegenwärtigen Reich, das jetzt auf dieser Erde für alle verfügbar ist.“

Aus dieser Perspektive und mit dieser Stoßrichtung zeigt er auf, was das Leben der ewigen Art ist. „Wir sind zu einer Pilgerreise aufgefordert – hinein in das Herz und in das Leben Gottes.“ Danach analysiert er das Evangelium in seinen Extremen. Von einem Wissen über Gott hin zu einer Liebe zu Gott, beleuchtet er das Spektrum, um aufzuzeigen, dass das Evangelium eine innige, auf Gegenseitigkeit beruhende Beziehung zu Gott ist. Nun folgt das Eintauchen in Gottes Welt, denn Gott wohnt durch Christus mitten unter uns. Die Kapitel vier bis acht beleuchten intensiv die Bergpredigt, die Willard zu einem Kern seiner Theologie nutzt. Das neunte Kapitel geht darauf ein, wie wir dem Herrn Jesus ähnlicher werden können, denn das Reich Gottes ist nichts Zukünftiges, sondern Realität im Jetzt. Im Abschlusskapitel skizziert der Verfasser ein Bild von der neuen Schöpfung. „Gottes Absicht ist es, dass wir zu Menschen werden, denen er in seinem Universum freie Hand lassen kann, denen er die Macht geben kann, das zu tun, was sie wollen.“

 

Wer sollte das Buch lesen?

Willard zielt auf Christen ab, die meinen, Christus schon verstanden zu haben. Dabei entlarvt er „philosophische Engführungen und ideologische Gefährdungen der westlichen Kultur und entfaltet einen Horizont des Reiches Gottes, durch den die lebensschaffende Kraft der Nachfolge von Jesus Christus unsere Welt erneuern kann“, so Roland Werner.

 

Was gibt es Kritisches?

Zunächst einmal seien die Arbeit und das Denken Willards gewürdigt. Beim Lesen spürt man deutlich, dass es ihm nicht um ein theologisches Systemdenken, sondern um gelebten Glauben in der Nachfolge Christi geht. Sein Reich-Gottes-Verständnis fokussiert sich darauf, im Gehorsam auf die Anweisungen Jesu zu reagieren und sie nicht als theologische Konstrukte eines zukünftigen Reiches anzusehen. „Der tatsächliche Gehorsam gegenüber Christus ist praktisch bedeutungslos geworden, und dies sorgt mehr als alles andere dafür, dass das Christentum nur wenig Einfluss besitzt in der heutigen Welt.“ Aus diesem theologischen Deuten hat er eine ganze Weltanschauung entwickelt, die das Wirken im Reich Gottes als Hauptaufgabe des Christen deklariert. So sehr die Aspekte motivieren, ein Leben in der Jesusnachfolge zu leben, so zeigt sich in den Ausführungen doch ein Hang hin „Kingdom-Now-Theologie“. Ein paar Zitate sollen dies verdeutlichen:

  • „Alles und jeder, der diese Grundprinzipien[2] befolgt, befindet sich innerhalb dieses Reiches.“  
  • „Das Reich Gottes ist nicht eine Sache der inneren Einstellung oder des Glaubens, die mit der öffentlichen, aktiven, sichtbaren Welt überhaupt nichts zu tun hätte.“
  • „Mit diesem Gebet [gemeint ist das Vater Unser] rufen wir das Reich Gotte in die reale Welt unserer täglichen Existenz hinein, so wie wir es im Glauben bereits leben.“
  • „Gottes Plan besteht darin, dass wir unser Reich mit den Reichen anderer Menschen verflechten.“
  • „Unser Handeln ist das, was Gott und wir gemeinsam tun, wodurch wir zu einem Teil seines Lebens werden und er zu einem Teil des unseren.“
  • „Das Reich Gottes ist nicht etwas, das wir heute ‚annehmen‘ und erst später genießen dürfen, sondern in das wir jetzt eintreten können.“

 

 

 

 

 

Neben dieser Sichtweise kommt auch in einzelnen Passagen immer wieder die Faszination des Autors für Mystiker wie Teresa von Ávila u. a. zum Ausdruck. Fragwürdig ist sein Verständnis der Zukunft. „Was haben wir zu erwarten, wenn wir uns in der Ewigkeit, in der wir uns ja bereits jetzt befinden, weiter fortentwickeln? Wir wollen es mit drei Stufen beschreiben: die Zeit des steigen Wachstums, die Zeit des Übergangs und die Zeit des Regierens mit Jesus.“  

 

Weshalb sollte man das Buch lesen?

Lobenswert ist das zweite Kapitel, welches eine Theologie zur Sündenbewältigung formuliert, die das Predigen auf den Kanzeln revolutionieren kann, um Menschen für die Nachfolge zuzubereiten und sie nicht nur ans Kreuz zu führen. Auch sind die vielen praktischen Anregungen bereichernd. Doch die theologische Deutung des Reiches Gottes und v.a. auch die eschatologische Deutung Willards sind zumindest fragwürdig. Für charismatische und pfingstlerische Kreise ist die Lektüre sicherlich nichts Neues, wohingegen konservative Christen mit dem Inhalt schwer zurechtkommen werden und ihn in Teilen eher ablehnen werden, als anzunehmen.

 



[2] Damit meint Willard Gott selbst als Person und die Ausführung seines Willens. 


Das Buch: 

  • Willard, D. (2022): Gott. Du musst es selbst erleben, fontis Verlag, 720 Seiten, ISBN:
    978-3-03848-237-6, Preis: 29,50€

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