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Tief verwurzelt glauben

In „Tief verwurzelt glauben“ nimmt Gerrit Hohage den Leser mit auf eine Reise des Denkens und Glaubens, um aufzuzeigen, wie man heute christlich denken kann.

 

Wer ist der Autor?

Gerrit Hohage studierte evangelische Theologie und promovierte 2005 in Heidelberg zum Dr. theol. Danach war er bis 2022 Pfarrer in der evangelischen Bonhoeffergemeinde Hemsbach. Seitdem ist er Pfarrer in der evangelischen Kirchengemeinde in Gundelfingen. Er ist verheiratet und hat drei Kinder. Zudem bloggt er auf biblipedia.de.

 

Worum geht es in dem Buch?

„Tief verwurzelt glauben in der Postmoderne – darum geht es in diesem Buch.“ Schon die ersten Worte zeigen, worum es dem Autor geht. Er will seinem Leser aufzeigen, dass es dessen Entscheidung ist, wohin er gräbt, wo er sucht, um zu finden, damit dessen Glaube gestärkt wird. Denn die neue Frage der Postmoderne lautete: „Wem glaube ich?“, wodurch die alte, moderne Frage: „Was glaube ich?“ ersetzt wurde.

 

Im ersten Teil des Buchs geht es nach einer anfänglichen Situationsbeschreibung darum, den fruchtbaren Boden und den Felsen zu identifizieren und ihre Eigenschaften besser zu verstehen. Dabei betrachtet der Autor zentrale biblische Texte und Begriffe und nimmt seine Leser in mehreren Schichten in die Kirchen-, Theologie-, Philosophie- und Wissenschaftsgeschichte mit, um nachzuvollziehen, „wo und wie unsere Welt das Wasser des Glaubens aufgenommen hat und wo und warum nicht.“ Dieser erste Teil fordert vom Leser ein aktives Mitdenken. „Die Kraft Gottes setzt das Denken nicht außer Kraft, sondern setzt es gerade in Gang.“ Denn „Wahrheit ist die Übereinstimmung zwischen erkennendem Verstand und gegebener Sache.“ Auch wenn manche Passage das Hirn anstrengt, wird man am Ende ein unbeschreibliches Aha-Erlebnis erleben, da es Hohage gelingt, die Irrtümer der heutigen Theologie aufzudecken. „Im hörenden Lesen der Schrift machen Christen in aller Welt bis zum heutigen Tag die Erfahrung, dass Gott redet.“ Und so hebt Hohage den Glauben als „Ich-du-Beziehung zum lebendigen Gott“ hervor.

 

Danach möchte der Verfasser das Phänomen geistlicher Dürre genauer betrachten. Dazu stellt Hohage hilfreiche und weniger hilfreiche Methoden anhand der Bibel vor. „Ob die Entwicklung unseres Glaubens zielführend oder dysfunktional ist, entscheidet sich nicht an den Begriffen, mit denen man sie bezeichnet, sondern an den Methoden, die darin zum Tragen kommen.“ Als Leser wird man ermutigt, auch in Glaubenskrisen Glaubenschancen zu sehen, denn in der Anfechtung bewährt sich der Glaube, um Gott immer tiefer kennenzulernen. Hervorzuheben ist die „Typologie der Anfechtung“, in der Hohage 36 verschiedene Typen von Anfechtung unterscheidet und benennt. „Wenn ein Mensch uns über seine Anfechtung berichtet, befinden wir uns in einem seelsorgerlichen Gespräch.“ Und wenn man sich darüber austauscht, sind Fragen am Anfang wesentlich hilfreicher als schnelle Antworten, denn spezifische Typen von Anfechtung erfordern eine spezifische Herangehensweise. Gerade im Kontext aktueller Herausforderungen durch „progressive Theologie“ ist Hohage zuzustimmen, wenn er schreibt: „Jeder Mensch, jede Generation kann nur dann glauben, wenn sie diesen Prozess der Aneignung des Glaubens aufs Neue durchläuft.“ Und so kommen zwei Begegnungen zum Tragen: „Eine progressive, gestaltende, in der wir den Glauben mit den uns zur Verfügung stehenden Verstehensmitteln verbinden (das sind dann die ‚Aha-Effekte‘). Und eine konservative, bewahrende, in der wir uns vergewissern, dass das Verstandene immer noch dasselbe ist.“

 

Mithilfe der Werkzeuge aus Teil eins und zwei ist der Leser nun bereit, die zentralen Themen des Glaubens, in denen man aktuell Prozesse des Austrocknens beobachtet, näher zu betrachten. Lobenswert ist, dass die historisch-kritische Methode in ihrer Zerstörungskraft dargestellt wird, wobei auch die nützlichen Aspekte nicht verschwiegen werden. „Es erscheint nicht unvernünftiger, der Bibel zu glauben, was sie uns bezeugt und offenbart, als ihr nicht zu glauben und unser momentanes, geschichtlich bedingtes modern-postmodernes Wirklichkeitsverständnis für das Maß aller Dinge zu halten.“ Hervorzuheben ist insbesondere die Thematik der Kreuzestheologie, da diese aktuell immer mehr verwaschen wird. „An welchen Gott, an welchen Jesus wir glauben, hat nicht nur unmittelbar Auswirkungen darauf, wie wir uns als Kirche verstehen, sondern wer, was und wie wir als Kirche sind.“

 

Wer sollte das Buch lesen?

Gerade Postevangelikalen und Befürwortern einer „progressiven Theologie“ sei die Lektüre insbesondere ans Herz gelegt, da der Schreiber seinem Leser helfen möchte, den Glauben nicht zu dekonstruieren, sondern vielmehr beim Konstruieren eines biblischen Glaubens helfen möchte. „Die Freiheit, die uns Jesus verheißt, ist die Freiheit von allem, was uns von Gott trennt – einschließlich aller Denkvoraussetzungen, die uns den Zugang zur Wirklichkeit Gottes versperren.“ Ebenso sollten aber auch Konservative die Inhalte durchdenken, damit sie begründet aufzeigen können, weshalb ihr Glaubensfundament tief verwurzelt ist.

 

Was gibt es Kritisches?

Einige Leser werden sicherlich mit den Inhalten ringen, denn gerade die Denkvoraussetzungen von Descartes, Kant, Schlatter und Co. verlangen dem Leser schon aktives Mitdenken und Verarbeiten ab. Auch sollte man sich nicht – gerade aus freikirchlichem Kontext – zu sehr daran aufhalten, dass der Autor zu seiner lutherischen Prägung steht, die hier und da durchscheint. Dasselbe gilt auch für Theologen, die Hohage durchaus schätzt – wie z. B. Heinzpeter Hempelmann – und zu Wort kommen lässt, obwohl er ihre theologischen Ansichten nicht teilt.

 

Weshalb sollte man das Buch lesen?

 

Hohage selbst möchte „weniger Glaubenswahrheiten verkünden, als Denk- und Glaubensmöglichkeiten aufzeigen“. Beim Lesen spürt man das Herz eines Allianz-Christen, der die Kontroverse in den absoluten Wahrheiten nicht scheut, dem aber als Hirte auch daran liegt, verwirrte und verirrte Schafe wieder zurück zur Quelle der Wahrheit zu bringen. „Wir glauben tatsächlich nicht an die Bibel, aber wir glauben der Bibel und deshalb glauben wir an Jesus Christus.“ Gerade Teil zwei, der sich mit den Anfechtungen auseinandersetzt, wird – mit offenem Herzen gelesen – helfen, in den Dialog miteinander zu treten. Hilfreich dabei ist auch der spiralförmige Aufbau, denn Hohage ordnet die Themenfelder kreisförmig an und durchschreitet sie mehrfach, wobei er immer mehr Aspekte berücksichtigt. So vernetzten sich die Inhalte beim Leser deutlich besser. „Ein kreatives Bewahren des bewährten Glaubens“ wird am Ende der Lektüre den Leser tief im biblischen Glauben verankern. 


Das Buch: 

  • Hohage, G. (2024): Tief verwurzelt glauben. Wie man heute christlich denken kann, SCM R. Brockhaus, 352 Seiten, ISBN: 978-3-41724-185-3, Preis: 25,00 €

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