Wofür es sich zu kämpfen lohnt und wofür nicht

Theologische Diskussionen können mitunter hitzig geführt werden, besonders wenn es um zentrale Glaubensinhalte geht. Wann sollten theologische Lehrmeinungen Christen trennen, und wann sollte Einheit angestrebt werden? Gavin Ortlund nimmt sich in seinem Buch Wofür es sich zu kämpfen lohnt – und wofür nicht dieser schwierigen Frage an.

 

Wer ist der Autor?

Gavin Ortlund ist ein bekannter Theologe, Autor und YouTuber. Auf seinem Kanal Truth Unites beschäftigt er sich mit apologetischen Themen. Er hat mehrere Bücher verfasst und ist Pastor der First Baptist Church of Ojai in Kalifornien. Gemeinsam mit seiner Frau Esther hat er fünf Kinder.

 

Worum geht’s?

Um sich der Herausforderung anzunehmen, schlägt der Verfasser vor, das aus der Medizin bekannte Konzept der Triage auf die Theologie anzuwenden, um Prioritäten zu setzen und differenziert zu entscheiden, welche Lehrfragen eine zentrale Bedeutung haben und welche eher sekundär sind. Dazu gliedert sich sein Werk in zwei Hauptteile:

 

1. Warum wir eine theologische Triage brauchen

Im ersten Teil erläutert Ortlund, warum das Prinzip der Triage auch für theologische Debatten hilfreich sein kann. Dabei greift er auf ein Modell zurück, das Albert Mohler ursprünglich entwickelte. In der Medizin beschreibt „Triage“ die Entscheidung darüber, welche Patienten in einer Notfallsituation prioritär behandelt werden. Auf die Theologie übertragen, geht es darum, Lehrfragen nach ihrer Dringlichkeit und Bedeutung zu priorisieren.

 

Ortlund beschreibt anschaulich, wie er selbst in theologischen Fragen lernte, Prioritäten zu setzen. Anhand seiner eigenen Biografie – etwa seiner Auseinandersetzung mit der Tauffrage und der Interpretation von Genesis 1 – zeichnet er nach, wie ihn seine eigene theologische Migration zunächst in Isolation führte, aber schließlich auch zu größerer Klarheit und Demut.

 

2. Wie wir theologische Triage anwenden

Im zweiten Teil des Buches stellt Ortlund ein vierstufiges Kategorienmodell vor:

  • Kategorie 1: Lehrfragen, die das Evangelium direkt betreffen (z. B. Trinität, Jungfrauengeburt, Inkarnation).
  • Kategorie 2: Lehren, die die Zusammenarbeit unter Christen beeinflussen können, aber nicht trennend für die Glaubensgemeinschaft sind.
  • Kategorie 3: Themen, die innerhalb einer Gemeinde unterschiedliche Meinungen zulassen können.
  • Kategorie 4: Persönliche Überzeugungen, die keine Auswirkungen auf die Gemeinschaft haben.

Ortlund argumentiert, dass solche Kategorien fließend sind und jedes Modell notwendigerweise Vereinfachungen enthält. Dennoch belegt er anhand biblischer Beispiele, dass bereits die Apostel in Kategorien dachten, um zwischen zentralen und weniger wichtigen Lehrfragen zu unterscheiden.

 

Besonders nachdenkenswert ist sein Plädoyer für Demut und Respekt im Umgang mit unterschiedlichen theologischen Positionen. Für Ortlund ist es nicht nur entscheidend, wofür man kämpft, sondern auch, wie man kämpft.

 

Wer sollte es lesen?

Das Buch richtet sich an Theologen, Pastoren und engagierte Christen, die mit theologischen Fragen ringen und in der Lage sein möchten, zwischen zentralen und peripheren Themen zu unterscheiden. Es eignet sich gleichermaßen für Studenten der Theologie wie auch für christliche Leiter, die Orientierung in kontroversen Diskussionen suchen.

 

Was gibt es Kritisches?

Das Konzept der Triage erweist sich als hilfreich, dennoch bleibt das Buch an einigen Stellen hinter seinen Möglichkeiten zurück. Besonders die Frage, wie die Eindeutigkeit einer Lehre auf Grundlage des Bibeltexts fundiert werden kann, wird kaum behandelt – ein Aspekt, der gerade unter „Gleichgesinnten“ häufig zu Uneinigkeit führt.

 

Was bleibt?

Der Theologe liefert ein wichtiges Buch für unsere Zeit, in der theologische Debatten oft mehr spalten als vereinen. Sein Plädoyer für Demut und ein überlegtes Vorgehen in kontroversen Fragen ist ebenso herausfordernd wie ermutigend. Das Buch erinnert daran, dass unsere theologische Auseinandersetzung immer der Verbreitung des Evangeliums dienen sollte – in Wahrheit, aber auch in Liebe.


Das Buch: 

  • Ortlund, G. (2025): Wofür es sich zu kämpfen lohnt – und wofür nicht: Ein Plädoyer für theologische Triage, Verbum Medien, 212 Seiten, ISBN:  978-3-98665-265-4, Preis: 18,90 €

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