
Die Frage, ob Gott Menschen zur ewigen Glückseligkeit oder zum Gericht vorherbestimmt, gehört zu den theologisch tiefsten und zugleich kontroversesten Themen der Kirchengeschichte. In seinem Werk Erwählende Liebe stellt sich Viktor Zander dieser Thematik mit einem klaren Anliegen: Der Calvinismus mit seiner Lehre der doppelten Prädestination steht für ihn in einem grundsätzlichen Spannungsverhältnis zur Liebe Gottes, wie sie insbesondere in Johannes 3,16 bezeugt wird.
Wer ist der Autor?
Viktor Zander ist Theologe und Autor mehrerer Bücher. Er promovierte an der Deakin University in Australien (Doctor of Philosophy) und wurde in Russland geboren. Im Jahr 1983 hat ihn der Herr in Deutschland gefunden und gerettet. Zander war als Missionar in Argentinien tätig sowie als Pastor in Australien und Deutschland. Er lehrte Theologie und Sozialwissenschaften an Hochschulen in Australien, Deutschland und Russland. Heute lebt er mit seiner Frau Irene in Brisbane, Australien. Gemeinsam haben sie zwei verheiratete Kinder und vier Enkelkinder.
Worum geht’s?
Das Buch entfaltet auf knapp 300 Seiten einen Gegenentwurf zur calvinistischen Heilslehre. Zander stellt die Begriffe Erwählung und Vorherbestimmung konsequent in das Licht der „liebenden Einladung“ Gottes an alle Menschen. Aufbauend auf Johannes 3,16 betont er, dass Gottes Liebe universal, gerecht und für jeden erfahrbar sei. Im Zentrum steht eine Theologie des Bundes, die nicht mit deterministischen Aussagen arbeitet, sondern mit der Vorstellung einer göttlichen Erwählung „in Christus“ als heilsgeschichtliche Realität vor Grundlegung der Welt – jedoch ohne exklusive Auswahl.
In den ersten Kapiteln zeigt Zander, wie der biblische Gesamtzusammenhang (besonders NT-Texte wie 1Tim 2,4 und 2Petr 3,9) gegen eine doppelte Prädestination spricht. Der zweite Teil des Buches entfaltet eine alternative Sicht auf Erwählung, in der Gottes Liebe nicht selektiv, sondern universal ist – verbunden mit dem freien Willen des Menschen. Zander weist dem Leser einen Weg, Erwählung als „eingeladene Beziehung“ zu verstehen, nicht als vorprogrammiertes Schicksal.
Was gibt es Kritisches?
Trotz des theologischen Ernstes, mit dem Zander seine Position entfaltet, bleibt die Argumentation stellenweise zu apologetisch. Die Darstellung calvinistischer Theologie erfolgt des Öfteren in stark vereinfachter Form. Eine differenzierte Auseinandersetzung mit reformierten Quellen – etwa mit Johannes Calvin selbst oder zeitgenössischen Vertretern wie John Piper oder R.C. Sproul – findet selten statt. Stattdessen zieht Zander häufig John F. MacArthur als Bezugsquelle heran. Auch exegetisch ist die Herleitung nicht immer tragfähig: Viele der herangezogenen Bibelstellen sprechen von Gottes Wunsch zu retten, nicht notwendigerweise von einer universellen Heilswirksamkeit.
Zudem stellt sich die Frage, ob Zanders Betonung des freien Willens nicht zu einer synergistischen Heilsvorstellung führt – eine Position, die zwar populär, aber biblisch-theologisch ebenfalls hinterfragt werden muss. Die Gefahr, die Souveränität Gottes im Bemühen um menschliche Freiheit zu relativieren, ist in diesem Werk durchaus gegeben.
Wer sollte das Buch lesen?
Erwählende Liebe ist empfehlenswert für theologisch interessierte Leser, die sich mit dem Thema Prädestination auseinandersetzen wollen, aber an der calvinistischen Sichtweise Anstoß nehmen. Auch für Leser aus freikirchlichen und pietistischen Kontexten, die ein starkes Anliegen für Evangelisation und Gottes universale Liebe haben, bietet das Buch einen systematischen Gegenentwurf zur reformierten Heilslehre.
Was bleibt?
Zander bietet eine theologisch engagierte und pastoral motivierte Deutung der Erwählung, die Gottes Liebe in den Mittelpunkt stellt. Seine Kritik am Calvinismus ist leidenschaftlich, wenngleich theologisch nicht immer ausgewogen. Das Buch bleibt eine Einladung zur Diskussion – über die Frage, wie Gott rettet, wen er rettet und was Liebe in göttlicher Vollkommenheit bedeutet.
Das Buch:
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Zander, V. (2024): Erwählende Liebe. Für alle und freiwillig?, Lichtzeichen Verlag, 288 Seiten, ISBN: 978-3-86954-571-4, Preis: 15,00 €
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